Charles Baudelaire

1821 – 1867           Frankreich

 

 


                                               In Übersetzungen von

Karl Henckell

 

 

Mondestrauer

 

In träger’m Traum liegt heut die Mondfee ausgegossen

Wie eine Schönheit, die mit lässig-leichter Hand,

Eh’ sie in Schlummer, von Kissen tief umflossen,

Mit müder Zärtlichkeit liebkost des Busens Rand.

 

Auf seidenglattem Pfühl weichschwellender Lawinen

Hinsterbend giebt sie sich der langen Ohnmacht hin

Und läßt die Augen gehn, wo Stern’ im Blau erschienen

Weiß wie das Brautbouquet der Himmelskönigin.

 

Wenn jetzt auf diesen Ball in sehnsuchtsmatten Sinnen

Sie heimlich dann und wann läßt eine Träne rinnen,

Nimmt, feind dem Schlafe, sie ein frommer Dichter gern

 

In seine hohle Hand, die Thräne bleich und schimmernd,

Schön wie ein Stück Opal in Irisfarben flimmernd,

Und legt sie in sein Herz, dem Aug’ der Sonne fern.